NOWs: Beobachtung // Observation

15. Dezember 2017 - 10. Februar 2018 / Nows

Matthias Sohr, Strut, 2017. Photo: Eric Bell, Courtesy the Artist

BEOBACHTUNG

MALTE BARTSCH / JULIAN CHARRIÈRE / ANDREAS GREINER / CLARA JO / FELIX KIESSLING / SOPHIA POMPÉRY / MACARENA RUIZ-TAGLE / NINA SCHUIKI / DAN STOCKHOLM / MATTHIAS SOHR / ALVARO URBANO / JONAS WENDELIN / JULIUS VON BISMARCK

ERÖFFNUNG: FREITAG, 15. DEZ, 18–20 UHR

DITTRICH & SCHLECHTRIEM

Die Gruppenausstellung präsentiert junger Künstler und Künstlerinnen, die an dem von Olafur Eliasson initiierten INSTITUT FÜR RAUMEXPERIMENTE von 2009 bis 2014 studierten. Die erstmals auf der Art Düsseldorf präsentierten Werke, werden nun in den Berliner Galerieräumen als Folgeausstellung gezeigt.

Der Traum, Phänomene zu begreifen, indem man sie ihre eigene Sprache sprechen lässt, treibt die Naturwissenschaften seit langem an, eine Herausforderung, der auch die Künste nicht widerstehen können. Die als ergebnisoffenes räumliches Experiment angelegte Ausstellung zeigt Arbeiten von Malte Bartsch, Julius von Bismarck, Julian Charrière, Andreas Greiner, Clara Jo, Felix Kiessling, Sophia Pompéry, Macarena Ruiz-Tagle, Nina Schuiki, Matthias Sohr, Dan Stockholm, Alvaro Urbano und Jonas Wendelin. Beobachtung und Experiment gelten normalerweise als entgegengesetzte Pole der Erfahrung. Wo Beobachtung passiv, arglos, empfänglich ist, verbindet man mit dem Experiment aktives Eingreifen, gar Manipulation. Und doch werden Experimente oft gerade angestellt, um Phänomene beobachtbar zu machen, die sich sonst der sinnlichen Wahrnehmung oder technischen Erfassung entziehen würden. Partikel werden zerstreut, Modellorganismen gezüchtet, Kontrastmittel in Blutbahnen und Wasserstraßen eingeleitet, um verborgene Bilder sichtbar zu machen und unserer Fähigkeit Nahrung zu geben, mögliche Konfigurationen der Welt wahrzunehmen.

Im Einklang mit Eliassons nachdrücklichem Beharren darauf, dass jede Erfahrung ganz persönlich ist, demonstrieren die Alumni seines Instituts eine aufs Äußerste geschärfte Aufmerksamkeit dafür, wie Experimente auf der je eigenen Einstellung des Beobachters aufbauen und sie zugleich ausbilden. In Stockholms performativem Prozess einer Abtastung der architektonischen Oberfläche der Erinnerung bewahrt sich ein zutiefst intuitiver Fühlsinn, während Greiners unerschöpfliche Empathie nichtmenschlichen Wesen übergroße Statur und Bedeutung verleiht. Charrières und Ruiz-Tagles Arbeiten stellen die Justierung und Choreographie von Körpern, Apparaten und Umwelten heraus und unterstreichen so die affektiven Energien, die in Beobachtung am Werk sind. Solche Achtsamkeit für Zeitrahmen, Messvorrichtungen und Konfigurationen des Sozialen eröffnet bei Kiessling, Sohr, Wendelin und Bartsch seltsame Freiheiten, während von Bismarck konsequent die Gewaltsamkeit, mit der sein provozierender Blick der Welt begegnet, in seinen eigenen Körper einlässt. In den Arbeiten von Urbano und Schuiki werden Schatten, Windstöße und Lichtstrahlen auf ihrem Weg festgehalten, als streiften sie das Blickfeld der Wände selbst. Durch Aktivierung perspektivischer Alternativen in der Selbstdarstellung von Räumen und Objekten vor der Kamera vervielfältigt Jo Politiken der Beobachtung und versammelt sie zu einem Dialog. Inmitten des unablässigen Spiels mit den Grundlagen und der Grundlosigkeit von Observationspraktiken, das die Gruppe veranstaltet, scheinen Pompérys Bilder und Apparate die Betrachter aufzufordern, sich zu fragen, ob sie ihren eigenen Augen trauen können. Beim Beobachten ertappt und unsererseits beobachtet, sehen wir unsere Fähigkeit zur Unterscheidung zwischen Wirklichkeit und Illusion auf die Probe gestellt – und damit auch unser Begehren danach, mit einer Welt, die wir nicht selbst geschaffen haben, in Berührung zu kommen. Als Retrospektive und zugleich Ausblick auf zukünftige Interventionen präsentiert BEOBACHTUNG eindrückliche Nachbilder des Instituts für Raumexperimente.

Der oben stehende Textbeitrag ist von der Autorin Dehlia Hannah. Der Ausstellungskatalog zu dem Projekt BEOBACHTUNG, mit einem umfassenden Essay von Hannah, ist ab Dezember in der Galerie erhältlich.