NOWs: ğ – queer forms migrate

03. März - 29. Mai 2017 / Nows

NOWs:

Nilbar Güreş, Rose of Sapatão, 2015. Courtesy of the artist, RAMPA Istanbul, and Martin Janda. Photo: CHROMA Istanbul.

ğ – queere Formen migrieren

Vernissage: 2. März 2017, 19:00 Uhr

Schwules Museum* Berlin

Die Gruppenausstellung „ğ – das weiche g“ im Schwulen Museum* versammelt zum ersten Mal in Deutschland Arbeiten, die den transkulturellen Austausch von LSBTIQ*-Menschen zwischen der Türkei und Deutschland, zwischen Berlin und Istanbul zum Inhalt haben und der künstlerischen Migration in allen Richtungen nachgehen. Sie spürt einem für Berlin typischen, queer-migrantischen Gemütszustand nach, den Emre Busse und Aykan Safoğlu im türkischen Buchstaben ğ veranschaulichen – auf Deutsch etwa „das weiche g“. Busse und Safoğlu stammen aus Istanbul und beschäftigen sich in ihrer künstlerischen und kuratorischen Praxis mit queerer Migration, mit marginalisierten sexuellen Identitäten und Körperpolitiken.

Der Buchstabe ğ wurde 1928 mit der Schriftreform ins türkische Alphabet aufgenommen, von der an Türkisch mit dem lateinischen Alphabet geschrieben wurde. ğ sollte den im Osmanischen häufig vorkommenden arabischen Laut „Ghain“ wiedergeben, für den es im lateinischen Alphabet keine Entsprechung gibt. Es entstand eine im Türkischen beispiellose hybride Form, deren einzige Funktion ist, den vorherigen Vokal zu dehnen – analog dem Dehnungs-h im Deutschen. Der Buchstabe steht nie am Wortanfang und wird nie großgeschrieben. „ğ ist ein östlicher Laut, der in eine westliche Form schlüpft“, so die Kuratoren. Und was, wenn ğ derweil die Türkei verlassen hat und nach Deutschland migriert ist? Sagen wir, es hätte sich in den Koffer einer Person geschlichen, die wie hunderttausende andere im Nachgang des Anwerbeabkommens von 1961 nach Deutschland gezogen ist, und wäre von dort geflüchtet und hätte sich ins deutsche Alphabet gemengt. Denn ğ ist auch das, was den Zungen der Mehrheitsgesellschaft in Deutschland widerstrebt, ğ ist der am häufigsten falsch ausgesprochene Buchstabe in Deutschland. Nun scheint ğ den Kuratoren dieser Ausstellung eine queere Möglichkeit vorwegzunehmen – und der Wanderung dieser Möglichkeit an ihren Schnittpunkten zwischen Deutschland und der Türkei wollen sie sich schwerpunktmäßig widmen. Denn jede falsche Aussprache von türkischen Namen in Deutschland erinnert an die therapeutische Schönheit des Widerstandes; „ğ – das weiche g“ ist der künstlerische Versuch, dieses Potential im Schwulen Museum* erstmals zu zelebrieren.

„ğ – das weiche g“ wird begleitet durch ein umfangreiches Rahmenprogramm aus Vorträgen, Gesprächen und Lesungen sowie Performances, Workshops und Filmvorführungen mit Demet Demir, Gülay Akın, Ebru Kırancı, Elmgreen & Dragset, ‘Emine’ Sevgi Özdamar, Maria Binder, Sabuha Salaam, Salih Wolter und Yener Bayramoğlu.

Mit Arbeiten von: Aykan Safoğlu, Ayşe Erkmen, Cihangir Gümüştürkmen, Erinç Seymen, Hasan Aksaygın, Masist Gül präsentiert von Banu Cennetoğlu und Philippine Hoegen, Mehtap Baydu, Ming Wong, Nilbar Güreş, Taner Ceylan, Viron Erol Vert, Yeşim Akdeniz

kuratiert von Emre Busse und Aykan Safoğlu

Ausstellungsdesign: Philip Wiegard

„ğ – das weiche g“ wird unterstützt vom Regierenden Bürgermeister von Berlin –Senatskanzlei – Kulturelle Angelegenheiten.