NOWs: Gravity is just a Habit by Sophia Pompéry
Sophia Pompéry: Gravity is just a Habit
bei
Eröffnung, 10. März 2017, 19 Uhr
Mit Gravity is just a Habit präsentiert Sophia Pompéry die zweite Einzelausstellung in der Galerie. Dem Thema der Ausstellung – Visuelle Projektionen – nähert sie sich in verschiedenen Medien: Installationen, Fotografie und Skulptur. Dabei transformiert Pompéry Gegenstände des Alltags, z. B. Landkarten und Vasen, in Parabeln, wobei die Offenheit ihrer Werke stets mehrere Interpretationsebenen beinhaltet. So lassen ihre Werke Assoziationen auf aktuelle politische Geschehnisse wie Migration oder Zerstörung von Kulturgut zu. Fast beiläufig wirft Sophia Pompéry dabei philosophische Fragen nach der Beschaffenheit von räumlicher und zeitlicher Wahrnehmung auf.
Die Freude am physikalischen Experiment sowie an der Irreführung der üblichen Sehgewohnheiten zeichnet Pompérys künstlerische Arbeiten aus. Die in dem Ausstellungstitel formulierte These, dass Schwerkraft nur eine Gewohnheit ist, zielt auf genau diese unsere Trägheit ab, Gewohntes und Vorgefundenes unhinterfragt als gegeben und unveränderlich hinzunehmen statt Dinge zu ändern.
Ein Ausstellungsraum der Galerie ist unter dem Titel Worlds dem Begriff von Grenzen bzw. Begrenzungen gewidmet. Hier betritt der Besucher ein Universum aus schultafelähnlichen Landkarten, die ihm in einer Art Prozession entgegentreten. All diese Karten, die verschiedene Teile der Welt darstellen, sind mit Tafelfarbe überzogen. Maßstäbe, politische Grenzen und Städte verschwinden dadurch. Der Betrachter ist dazu eingeladen, auf diesen Karten seine eigene Version einer (auch inneren) Landkarte zu einzuzeichnen – Schwamm und Kreidestift werden so Werkzeuge, um unsere eigene Visionen der Welt zu entwerfen. Die Tafeln aus der Installation Worlds werden zu einer Metapher für das Verstehen von Raum. Worlds stellt die Nutzung von Raum, geopolitische Machtkonstellationen, Besitz, Migration und ökologischen Zustand in Frage. Wenn das Sichtbare unsichtbar wird und Grenzziehungen verschwinden, wird Imagination zum zentralen Element. Worlds ist eine Einladung, unsere Gedanken freizusetzen. Normalerweise sind diese in unserem Alltag befangen und selten denken wir darüber nach, wie Zeit und Raum über uns hinaus beschaffen sind.
Ebenfalls eine Frage nach Grenzen und visuellen Projektionen stellt eine wandfüllende Arbeit, die dem Betrachter einen Blick in die Unendlichkeit des Weltalls suggeriert. Beim Betrachten der Sterne blendet das menschliche Auge die Tiefe zwischen einzelnen Sternen aus. Wir haben kein Gefühl für die Distanz zwischen zwei Sternen und nehmen den Himmel als gesprenkelte Fläche war. Auf der Karte werden Sterne ebenfalls flächig dargestellt. Diese Projektionsfläche kann im Ausstellungsraum von beiden Seiten betrachtet werden. Die Perspektive auf die Rückseite der Milchstraße ist Unendlichkeit x 2.
Wohingegen Worlds einlädt, Kreide aufzutragen und statische Definitionen flüchtig werden zu lassen, stellt die Fotoserie Éloge du vide einen gegenteiligen Prozess dar: Sie sprengt Kreide und zementiert einen flüchtigen Moment, wie ein Blumenstilleben. Darüber hinaus greift auch sie Fragen nach unserer Wahrnehmung auf: Die Schwarzweiß-Fotos explodierender Vasen, die eine merkwürdige weiße Staubwolke freisetzen, haben so gar nichts mit einem üblichen herunterfallenden, von der Schwerkraft angezogenen Porzellangegenstand gemeinsam. Als würde die Explosion eine magische Energie freisetzen, scheinen wir diese unschuldigen weißen Gefäße in unserem Alltag zu unterschätzen. Gleichzeitig wecken sie starke Assoziationen an die durch Bombardierungen zersprengten Kulturgüter in Kriegsgebieten, die vor Ort der Auslöschung des kulturellen Gedächtnisses dienen sollen.