NOWs: DURST

01. April - 16. Mai 2020 / Nows

Portrait Marion Ritzmann by Alexandra Meyer

DURST

Gruppenausstellung

Kunstraum Niederösterreich
Herrengasse 13
1014 Wien

Opening
31 March 2020

Künstler_innen: Inka ter Haar, Lauren Huret, Céline Manz, Alexandra Meyer, Sarah Rechberger, Katharina Swoboda, Cathrin Ulikowski

Gastkuratorin: Alice Wilke

Unsterblichkeit, Verführung, Gewalt – die Kombination dieser Attribute der Figur des Vampirs liefert seit Jahrhunderten den Stoff für populäre „Sex & Crime“-Geschichten. Seit Anbeginn ist der Mythos der blutsaugenden Kreatur gesellschaftlich in kollektiven Sehnsüchten, Ängsten und Trieben verankert.

Der Ire Bram Stoker war bekanntlich nicht der erste Schriftsteller, der sich mit dem Roman „Dracula“ der Figur des Vampirs ausführlicher widmete – seine berühmte Erzählung wurde wesentlich durch das Werk seines Landmannes Joseph Sheridan Le Fanu und dessen weiblicher Vampirfigur „Carmilla“ (1872) geprägt. Doch Stokers Romanfigur „Dracula“ (1897) wurde zum Inbegriff des Vampirs. Seine Erzählung ist nicht nur ein Klassiker der Schauerliteratur, sondern wurde auch als Metapher für die Doppelmoral und Prüderie des viktorianischen Zeitalters interpretiert. Er schuf mit seinem Grafen den perfekten Anti-Helden: übermenschlich stark, übersinnlich und tabulos.

Der Vampirmythos hat sich stets gesellschaftlichen Bedingungen und Verhältnissen angepasst, wobei sich das äußere Erscheinungsbild wandelte (von „Nosferatu“ bis „Twilight“). Geheimnis, Macht, Sex, Fetisch und Anarchie sind die politischen und auch ästhetischen Dimensionen der Figur des Vampirs. Die Ausstellung begreift die Figur des Vampirs und seines mythischen Lebensstils als ein grundlegendes sozio-kulturelles Phänomen: Definieren wir Vampirismus als das sinnbildliche Absaugen von Energien und Ressourcen anderer Lebewesen und unserer Umwelt, so lässt sich der Begriff auf parasitäre Beziehungen und toxische Verhältnisse ausdehnen – und endet nicht bei der faszinierenden Figur des lebendigen, blutsaugenden Untoten. Die Ausstellung bewegt sich somit im Spannungsfeld der oft über die Popkultur vermittelten Rezeption des Vampirmythos in der Gegenwartskunst und eines breiteren semantischen Feldes, das die Figur des Vampirs eröffnet.

Sarah Rechberger
*1983 in Wien, lebt und arbeitet in Wien

Das künstlerische Interesse von Sarah Rechberger ist tief verbunden mit einem naturwissenschaftlichen Forscherinnengeist. Ihre Arbeiten besitzen einen Laborcharakter, gleichen präzise und ästhetisch gestalteten Versuchsanordnungen, die fragile Lebenszusammenhänge untersuchen und gesellschaftliche Prozesse und Strukturen reflektieren.

Mit ihrem Projekt „A-Symbiose“ (2012/2013) erschafft sie ein In-vitro-Biotop für die manuelle Aufzucht von Orchideen. Als Vorbild dient ihr das Verfahren, das für die industrielle Massenproduktion dieser Pflanzen entwickelt wurde: ein künstlicher Lebensraum mit Hilfe von Nährstoffen, keimfreier Luft und Wasser. Die Pflanzen sind abgeschirmt, dürfen nur Licht von außen aufnehmen, vor Umwelteinflüssen wie Bakterien oder Schimmelpilzen müssen sie geschützt werden. In ihrem natürlichen Lebensraum hingegen benötigen die Orchideensamen zur Keimung einen Symbiosepilz – Mykorrhiza –, der den Embryo ernährt. Dieser Pilz infiziert den Samen der Orchideen, dringt in ihn ein und versorgt ihn mit allen lebensnotwendigen Substanzen. Ohne diese Infektion würde das Protokorm absterben.

Die in der Natur ausschließlich in Symbiose mit Mykorrhizapilzen gedeihenden Orchideen existieren nach dem Eingreifen des Menschen plötzlich in A-Symbiose, eine fundamentale Veränderung der Beziehungen. Dringen dazu Schimmelpilzsporen aus der Luft in diesen künstlichen Lebensraum ein, beginnt ein Verdrängungsprozess. Die Sporen landen auf dem Nährboden, vermehren sich rasch und überwuchern schließlich die Orchideen. Der Pilz nimmt die Ressourcen des Nährbodens in sich auf und dominiert für immer den Lebensraum.